Nahversorgung im ländlichen Raum

Ein Leitfaden für den Aufbau eines vereinsgeführten Dorfladen

 

Die Analyse

Die meisten Bürger kaufen in der Regel dort ein, wo sie eine große Auswahl zu günstigen Preisen haben und einen sicheren Parkplatz vorfinden. Diese Einkaufsmöglichkeit finden sie vor allem in Supermärkten und Discountern. Kleinere Lebensmittelläden werden vorwiegend von den Kunden aufgesucht, denen mangels Mobilität keine andere Wahl bleibt bzw. von Kunden, denen der Weg zum Supermarkt für ihre Nachkäufe zu weit ist. Diese letztgenannte Käuferschicht profitiert in großem Maße vom wohnungsnahen Dorfladen, bringt durch ihre Kleinstkäufe diesem aber kaum Gewinn ein, was bei kleineren Gemeinden oft zur Schließung des letzten Lebensmittelgeschäfts führt. Eigentlich müsste die Gruppe der Kleinstkäufe ein ureigenes Interesse an der Existenz eines Dorfladens in ihrer Nähe haben, da ein Nachkauf zusätzliche Fahrtkosten und Zeit verschlingt, doch durch den nachvollziehbaren Egoismus jedes Einzelnen, hat sich diese Gruppe selbst geschadet.

 

Die Lösung: Der Dorfladenverein

Der von einem Verein geführte Dorfladen kann dieses Dilemma lösen. Wenn alle Bürger des Dorfes sich bewusst werden, dass sie im Grunde genommen im selben Boot sitzen, dann bietet der Verein die Möglichkeit, alle am Projekt zu beteiligen, die sich von der Existenz eines Dorfladens einen Vorteil versprechen und eigentlich müssten das ALLE sein. Da es Sinn ergibt, dass i.d.R. nur Vereinsmitglieder im Dorfladen einkaufen dürfen, müssen „Verweigerer“ notgedrungen bei ihren unvermeidlichen Kleinstkäufen weite Wege auf sich nehmen, die Zeit und Fahrtkosten mit sich bringen.

Der große Vorteil eines vereinsgeführten Dorfladens ist, dass er durch eine Vielzahl an Mitgliedsbeiträgen eine jährliche nicht zu versteuernde Finanzspritze erhält, ein Finanzpolster, das die Umsatzabhängigkeit deutlich verringert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Jahresbeitrag von 60 € (mtl. 5 €) von den meisten Bürgern als fair angesehen wird.

Für das Betreiben eines vereinsgeführten Dorfladens empfiehlt es sich zunächst, mit möglichst wenigen Minijoblern und möglichst viel Ehrenamtskräften zu starten. Mit den Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen und den eingesparten Gehältern ist es möglich, bezüglich des Preisniveaus mit den Supermärkten Schritt zu halten, was die Attraktivität des Ladens erheblich steigern kann. Zunächst gilt es jedoch, mit einer guten Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung über die Chancen des Gemeinschaftsprojekt „Dorfladenverein“ aufzuklären (Flyer, Gemeinde / Bürgerversammlung, Pressearbeit).

Es empfiehlt sich weiter - nach der Vereinsgründung - mit dem Start des Dorfladen-Projektes solange noch zu warten, bis sich genügend Mitglieder und Ehrenamtskräfte bereiterklärt haben. Je kleiner die Gemeinde, umso wichtiger ist es, hier die Hürde sehr hoch anzusetzen, da der Hauptumsatz besonders von Bürgern mit Mobilitätsproblemen gemacht wird und diese Gruppe bei einem kleinen Dorf geringer ist. Deshalb ist die Einsparung von Gehältern durch den verstärkten Einsatz von Ehrenamtskräften und einem hohen Beitragsanteil umso bedeutsamer.

Des Weiteren ist zu empfehlen, alle wichtigen Lebensmittelgruppen anzubieten. Man sollte alles anbieten, was man so zum Leben benötigt: Getränke, Obst & Gemüse, Backwaren, Fleisch & Wurstwaren, Drogerieartikel, … . Ein Kunde muss die wichtigsten Artikel für den täglichen Bedarf im Dorfladen finden müssen.


Werbung um Ehrenamtskräfte

Hier geht es darum, einerseits deutlich zu machen, dass ohne Ehrenamtsarbeit das Projekt kaum zu stemmen sein dürfte und dass andererseits die Ehrenamtsarbeit in vielerlei Hinsicht auch eine Bereicherung für`s (Rentner)-Leben sein kann. Soziale Kontakte zum Team und zur Kundschaft / das Team-Erlebnis auch bei Events außerhalb der Arbeitszeit / die Dankbarkeit der Kunden spüren / eine Abwechslung im Alltag / das Gehirn wird auf Trapp gehalten / das schöne Gefühl gebraucht zu werden. Die Angst, sich durch das Ehrenamt im Alltag zu sehr einzuschränken ist unbegründet. I.d.R. lassen sich bei Verhinderungen - auch wenn sie überraschend sind - immer Lösungen finden.

Weitere Informationen

Sollten weitere Fragen oder Informationsbedarf bestehen, stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.